Eine Chronik der Ortsgeschichte – Teil 2 (1800 – 1945)

1800
Zur Ortschaft Rehungen gehörten im Jahre 1800 58 Häuser.
Die Bebauung endete an der Schankwirtschaft „Warthe“ (heute „Thüringer Hof“).
Außerhalb des Dorfes lagen die beiden Mühlen und die Ziegelhütte.
Der Ort ist vergrößert worden, indem sich folgende Personen neu anbauten, nachdem ihnen vom hiesigen adligen Gute ihre Baustellen und Gärten in Erbpacht gegeben worden waren:

Johann Schmidt im Jahre 1800 Nr. 16
Heinrich Pfeiffer jun. im Jahre 1800 Nr. 12
Bernhard Gaßmann im Jahre 1800 Nr. 15 (aus Zaunröden)
Andreas Dietrich im Jahre 1801 Nr. 17
Gottfried Höche im Jahre 1802 Nr. 18
Adam Mecke im Jahre 1803 Nr. 14
Heinrich Druselmann im Jahre 1807 Nr. 22
Siegmund Siegfried im Jahre 1808 Nr. 20
Meister Mecke im Jahre 1808 Nr. 21

1801
Als Besitzer des Gutes Utterode wird Johann Friedrichs Sohn Christian Friedrich Musig genannt. Er ist im Jahre 1816 noch Besitzer des Gutes und stirbt 1842 im Alter von 83 Jahren.

1802
Schneider August Happe ist mit Bruder und Schwester aus Friedrichsrode eingewandert

1807
wurde Rehungen dem Friedensgericht in Niederorschel überwiesen, das kompetente Tribunal hatte in Duderstadt seinen Sitz. Vorher ließ der Landrat vom Hagen als Guts-und Gerichtsherr die Gerichtsbarkeit durch einen Justitiarius vor Ort ausüben.
Als die Preußische Herrschaft wiederhergestellt wurde, gehörte der Ort seit 1817 wieder zum Landräthlichen Amte Nordhausen.

1807
Am Abend des 7. Januar verunglückte am Thorwege ein Fuhrknecht aus Hohegeiß, namens August Burchhardt, mit seinem Gespann. Von seinen drei Pferden war nur das vorderste unversehrt geblieben.

1809
Im September war der hiesige Einwohner Rudolf Siegfried bei einem Holzfrevel von einem Schwarzburgischen Forstbeamten erschossen worden.

1813
ist das hiesige Hagensche Rittergut schuldenhalber meistbietend verkauft worden. Es erstand der Steuerdirektor von Motz und wurde so Kirchen-, Pfarr- und Schulpatron. Die Ziegelhütte wurde vom Gute abgetrennt und von Josef ………erworben.

1816
ist Utterode ein Rittergut. Als der letzte Besitzer ohne Erben starb, kam es an Preußen und wurde zur Domäne. Zum Gute gehörten zeitweise bis zu 1200 Morgen Ländereien und Waldungen vom Katzenstein bis zum Keulaer Forst und bis an die Bernteröder Flur.
Die Felder gehörten zu den fruchtbarsten der Gegend.

1817
schenkte der Kirchenpatron der Kirche den neuen Friedhof vor dem Neuen Tore, der am 16.10.eingeweiht wurde. Vorher befand sich der Friedhof rund um die Kirche.

1821
am 21 Juni kam die Ehefrau des Erbpacht-Müllers Andreas Druselmann mit Drillingen glücklich nieder.

1823
wurde der Weg am Galgenberge von dem…………im Wippertale unentgeltlich chaussiert sowie auch der bei der Ziegelhütte und eben daselbst eine steinerne Brücke über das Wasser ausgeführt.
In diesem Jahr wurde die hiesige Feuerwehrspritze von dem Hannoverschen Klosteramte Lipprechtrode gekauft. Das Geld dazu lieh Schöppe Behrens, dessen Erben es Anfang des Jahres 1833 wieder erhalten haben.

1825
Die Cattunweberei wird eingeführt. Anstatt der bis dahin verwebten Fäden aus Leinen und Wolle wird dabei die wesentlich feinere Baumwolle verwebt. Karl und Ferdinand Bauersfeld erlernen die Webtechnik in Breitenworbis.

1827
Der bisherige Pastor Friedrich Große wurde nach Klettenberg berufen.
Als neuer Pastor wurde Ferdinand Eduard Bekuhrs von dem Patrone in die hiesige Pfarrstelle confertiert (eingesetzt). Er ist der Verfasser der Kirchenchronik vom Jahre 1833 – 1840.

1830
Am 30.Januar starb zu Berlin der Kirchenpatron Friedrich Christian Adolf Motz, Königl. Preußischer Finanzminister und Ritter mehrerer Hoher Orden, der am 18.11.1775 zu Kassel geboren wurde.
Um Ostern wurden von dem zeitigen Geistlichen öffentliche Schulprüfungen eingeführt, welche jährlich in der Fastenzeit gehalten werden sollen.

Am 29.11. wurde die unverehelichte Anna Marie Bauersfeld im Alter von 75 Jahren in ihrer Wohnung von einem Raubmörder erschlagen. Bei dieser Gelegenheit sind etwa 150 Rth, welche ihr Schwiegersohn bei ihr kurze Zeit deponiert hatte, geraubt worden.
Die angestellten Nachforschungen haben den Täter nicht ermittelt.

1832
Am 17.6. wurde die im Sommer 1831 aus Lehmsteinen neu erbaute Schule eingeweiht.
Schon 1823 sollte der Auftrag ausgeführt werden, erst jetzt wurde das Geld bereitgestellt.
Die Ausgaben beliefen sich auf 285 Reichsthaler. Nun konnte der Unterricht in 2 Klassen abgehalten werden. Die Schule wird von 81 Kindern besucht.
Rehungen zählt 386 Einwohner, die in 73 Häusern leben.

1832
Die schreckliche Cholera-Seuche aus dem fernen Osten hatte sich zu Ostern schon bis Mühlhausen ausgebreitet. Zum Glück kam sie in unserem Heimatort nicht zum Ausbruch.

1834
Die Erben des Ministers von Motz verkauften das Gut mit allen Pertinenzien und Rechten an Herrn Senator und Kaufmann Johann Wilhelm Fahrenholz. Der zum Administrator bestellte Amtmann Friedrich Wilhelm Hindersen aus Berlingerode wanderte mit seiner Familie aus Berlingerode hier ein.
Die Cattunweberei beschäftigt schon 50 Weber.
Neu gebaut hat Rudolf Beate in der Klausgasse neben Friedrich Schmücking und Friedrich Winsel und Heinrich Siegfried auf dem Grund seines Schwiegervaters Gottfried Höche.
Auf Gemeindegrund wurden 120 wilde Obstbäume angepflanzt.
26 Kinder wurden geboren, 3 Familien sind eingewandert, so beträgt die Einwohnerzahl 386 Seelen.

1836
Am 28.10. starb der Cattunweber Caspar Wilhelm Höche an einer Darmentzündung im Alter von 28 Jahren, die in Folge eines tödlichen Schusses entstanden war, den er wenige Tage zuvor im Keulschen Forste bei Verübung eines unbedeutenden Forstfrevels meuchlings erhalten hatte.
Rudolf Pfützenreuter hat sein in der Kirchgasse gelegenes und früher dem Heinrich Böttcher zugehöriges Haus neu erbaut. Dasselbe tat Ludwig Stolze mit seinem in der Klausgasse gelegenen u. von Friedrich Hartleb erkauften Haus.

1837
In diesem Jahr wird die vom hiesigen Rittergute in Auftrag gegebene Gemeinheitsteilung begonnen. Ein Vermessungsregister mit Beschreibung wurde erarbeitet:
Das Dorf hat 40 bäuerliche Haus- und Hofstätten,
23 Anbauerstellen auf herrschaftlichen Grund und Boden ohne Ackerbesitz,
eine Schmiede auf Gemeindegrund Nr. 77 (Kochlöffel), Eigentum des Schulzen Wurzler,
eine Anbauernstelle auf Privatgrund Nr. 75 mit Landbesitz gehört Friedrich Stolze,
ein Gemeindehirtenhaus (heute Ralph Buchholz) und
ein Spritzenhaus, der Gemeinde gehörig, ohne Zubehör.

Der Ackermann Friedrich Kurz baut sein gegenüber der Pfarre belegenes Haus neu auf.
Am 2.11. wurde am Nußberge die Witwe des Zimmermanns Friedrich Schmücking, Marie Margarthe geb. Schmücking tot aufgefunden. In Alter von 69 Jahren war sie auf dem Heimwege von Keula dort abends zuvor im Unwetter umgekommen.

1839
Carl Rüdiger wurde zum Schulzen ernannt. Er hat sein Haus Nr. 1 durch einen bedeutenden Anbau erweitert (ehemalige Konsumgaststätte).
Neu erbaut hat Christoph Pfützenreuter auf dem von seinem Schwiegervater August Happe ererbten Gartenplatze Nr. 23b.
Desweiteren sind große Waldpläne aus den Besitz des Gutes an den Preußischen Staat verkauft worden: „Kleines und Großes Worbisufer“ im Helbetal (Helbeburghang) und der Heringsort (Waldstück auf dem Schönberg). Bei den Verkäufen war von einer Übergabe des Patronats keine Rede.
In dieser Zeit wanderte der Amtmann Wilhelm Hindersen nebst Familie und der Hofmeister Anton Dietrich mit seiner Familie nach Stockhausen im Großherzogtume Hessen aus. Als neuer Administrator kam Bodo Hindersin aus Goslar.

1840
Pastor Bekuhrs wurde nach Großwechsungen berufen.
Pfarramts-Candidat Franz Adolf Limprecht aus Woffleben wurde vom Patron Senator Fahrenholz conferiert.
14 Kinder wurden geboren.
Auszug aus dem Kreisarchiv „Nobak“ Erfurt von 1840:
1 Rittergut, 1 Pfarrkirche,
1 Schule mit einem Lehrer und 92 Kindern
478 evangelische & 15 kath. Einwohner
77 Wohngebäude & 106 Ställe u. Scheuern
3 Gemeindehäuser, 1 Wassermühle mit 1 Mahlgange, 1 Ziegelei
1 Schankwirt, 2 Victualienhändler, 1 Schuhmacher, 2 Schneider, 1 Tischler,
1 Stellmacher, 1 Ziegeldecker, 3 Töpfer, 2 Grobschmiede, 3 Hausschlächter,
1 Wegebauer,

1 Vorwerk außer dem Dorfe, mit Namen Utterode, Eigentum des Privatbesitzers
mit 14 Knechten, 4 Mägden, 1 männl. u. 2 weibl. Bediensteten.
Die Flur der Rehunger Gemeinde mit dem Vorwerke hat 2184 Morgen
(1126 Ackerl. 64 Gartenland, 100 Wiesen, 83 Weiden, 763 Wald, (580 Gemiende- und 133 Morgen königl. Wald)
Viehbestand: 30 Pferde, 49 Rindvieh Harzer Rasse, Stallfütterung,
750 Schafe, 9 Ziegen, 21 Schweine

1841
Am 3. Januar starb zu Goslar der bisherige Kirchenpatron und Rittergutsbesitzer Senator Fahrenholz mit 74 Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls.
Das Rittergut ging an die Tochter des Verstorbenen Pastorin Hindersin zu Goslar über.
Cattunweber Heinrich Schmücking u. Friedrich Bauersfeld erbauten ihre Häuser in der Kirchgasse neu, ebenso Ackermann Christoph Fleckstein.
Schwere Krankheiten mit entzündlichem Charakter gingen in der Gemeinde um. An Grippe, Lungenentzündung und an den Pocken starben 22 Personen.

1847
Für 1 Scheffel Roggen wurden 5 Thaler bezahlt.
1 Scheffel Weizen 5 Thaler
1 Scheffel Gerste 3 Thaler

1848
Nach Überlieferungen soll es im revolutionären Jahr 1848 in Rehungen am 25. März besonders lebhaft zugegangen sein:
„Die Gemeindeglieder zwangen ihren Lehrer mit Drohungen, die Rittergutsbesitzerin Pastorin Hindersin zu Goslar zu ersuchen, alle Reallasten zu erlassen, und schickten eine Deputation von zwei Mann an diese.
Sie erreichten jedoch nichts und die Rehunger beschlossen, das Gut zu demolieren. Vorher jedoch verlangten sie vom Gutsverwalter den Erlass aller Lasten auf 12 Jahre, sonst würden die Männer, die sich auf der Straße vorm Gute mit großen Knitteln aufgestellt hatten, sein Privateigentum zerstören und die Gebäude vernichten.
Er erklärte sich bereit, seiner Herrschaft die Forderung der Menge, Rückzahlung der Separationskosten und Befreiung von allen Reallasten schriftlich zu unterbreiten und legte auch der Tumultanten-Deputation das Schriftstück vor, wodurch es ihm gelang, die Ruhe, die besonders durch den Schafmeister Heinrich M. gefährdet wurde, wieder herzustellen“.
Nach einem Bericht an den Landrat „sind mindestens 50 Personen aus der Gemeinde Rehungen in den Unterforst Friedrichsrode eingefallen und haben daselbst erheblichen Schaden angerichtet, indem sie grünes Holz mit Äxten von den Bäumen gehauen und schöne Buchenstämme abgesägt haben, das entwendete Material beträgt ungefähr 2 starke einspännige Fuhren. Die Schutzbeamten haben gegen diesen Frevel nichts auszurichten vermocht, sind vielmehr von den Maleficianten mit Drohungen zurückgewiesen worden und haben letzteren ähnliche Exzesse täglich auszuüben laut ausgesprochen.“
Im gesamten Südharzgebiet wurde von ähnlichen Handlungen berichtet, ob sie von Erfolg waren, ist nicht bekannt.

Das hiesige Rittergut wurde von Pastorin Hindersin an H .A. Eggert zu Almenhausen verkauft.

1851
Die größere der beiden Kirchenglocken war unbrauchbar und zum Umgießen nach Mühlhausen zu Glockengießer Rumpel gebracht worden.
Das Glockenfest fand am 18. Sonntag nach Trinitatis (Mitte Oktober) statt.

1855
Die Poststation Wülfingerode war für die Zustellung der Post in Rehungen und Utterode zuständig.
Am Fastnachtsdienstage kam im Gehöft des Carl Mecke ein Feuer auf, wobei Scheune und Ställe niederbrannten, auch das Wohnhaus wurde beschädigt.

1859
war die alte Orgel unbrauchbar geworden. Nach langem Widerstreben des
Patrons Eggert wurde diese durch Orgelbauer Knauf zu Bleicherode für 260 Thaler hergestellt. Am Sonntag Palmarum wurde sie zum ersten Male gespielt.

1862
übernahm Theodor Zangemeister aus Seebach bei Bad Langensalza das Rittergut von Gutsbesitzer Eggert als Gutspächter.
Am 2.April nachts um elf brannten die Ställe des Ackermanns Kurz nieder, auch das Wohnhausdach wurde beschädigt.
Am 24 Oktober brannten in der Nacht die Scheune des Webers Carl Dietrich nebst Dach des Wohnhauses nieder sowie das Dach des Wohnhauses vom Nachbarn, Töpfer Behrens.

1865
Schließlich kaufte Theodor Zangemeisters am 5. April im Jahre 1865 das Gut selbst und wurde Patron. Doch schon am 30.01.1866 starb der Gutsbesitzer.
Er hinterließ die Witwe, seine zweite Ehefrau Armine geb. Zweydorff, aus Wolkramshausen stammend und seine Söhne aus 1. Ehe
Paul Friedrich Theodor geb: 5.9. 1844
Max Friedrich Berthold Theodor geb: 18.4. 1846
Ernst Hugo Friedrich Theodor geb: 27.9.1847

Als gesetzlicher Vormund der Kinder wurde Rittergutsbesitzer Berthold Zangemeister aus Wolkramshausen, der Bruder des Verstorbenen, bestellt.
Am 19. April 1872 schieden die Witwe und der Sohn Paul Friedrich Theodor aus dem Erbe aus, so dass die Brüder Max und Ernst als Eigentümer des Gutes auftraten.

1868
am 20. November früh um 7.00 Uhr fuhr der erst Zug in den neuen Bahnhof Sollstedt ein – ein Ereignis auch für die Rehunger.

1878
wurde die Oberförsterei Lohra nach Utterode verlegt. Es erfolgte ein weiterer Verkauf von Ländereien. Die Hutweiden, die sich vor dem Walde befanden, wurden der Forstverwaltung zum Aufforsten übergeben.

1881
Über seinen jährlichen Gehalt schreibt Lehrer Urbach: „Von der königlichen Regierung bekam ich 270 Mark und 60 Mark für Holz zum eigenen Bedarf. In Rentenbriefen bezog ich 150 Mark. Für das Neujahrssingen erhielt die Lehrstelle 30 Mark Entschädigung.“

1884
Der 6. September wurde zu einem Schreckenstag für die ganze Gemeinde. Lehrer Urbach schreibt:
„Von jeher ist von den Einwohnern in der hiesigen Sandgrube Streusand geholt worden.
Trotz mehrfachen Verbotes holten manche Kinder zu viel Sand und handelten damit. So war wieder eine Sandhöhle entstanden. Friedrich Winsel – 13 Jahre, Heinrich Osterhagen – 9 Jahre, Karl Winsel – 9 Jahre gingen wieder zur Grube. Der Sandhalter Genzel machte die Knaben darauf aufmerksam, dass fortwährend Sand los bröckele, sie hörten aber nicht darauf.
Genzel ist kaum einige hundert Schritte hin, da bricht die Höhle zusammen. Ein Felsblock von 60 -100 Zentnern begrub die Knaben unter sich. Nach mehrstündiger Arbeit gelang es, die Knaben als Leichen hervorzubringen. Wie sie den Tod gefunden hatten, so hat man sie auch am 9.September in ein Grab gesenkt.“

1884
Die Nachricht von einem Mord verbreitete sich in den Dörfern der Eichsfelder Pforte in Windeseile:
Ein Getreidehändler Pfützenreuter aus Rehungen war am 27. November 1884 von dem aus Sollstedt stammenden Emilius Hille ermordet und beraubt worden.
Hille wurde vom Schwurgericht in Nordhausen zum Tode verurteilt.
Die Hinrichtung sollte am 14. August 1885 im Landesgerichtsgefängnis in Nordhausen stattfinden. Am Vortage erschien der Scharfrichter Julius Krautz aus Berlin, eine Berühmtheit seiner blutigen Zunft in der damaligen Zeit.

1888
wurde von Uhrmacher Weule aus Bockenem die Turmuhr gebaut. Etwa 100 Jahre später wurde sie restauriert und das Zifferblatt vergoldet. Bis heute muss sie täglich aufgezogen werden.

1891
Seit dem 11. Dezember 1883 war Ernst Zangemeister der alleinige Besitzer des Rittergutes.

Wahrscheinlich, bedingt durch die Erbauseinandersetzung, verkaufte der Gutsbesitzer Ernst Zangemeister im Jahre 1891, am 20.u. 21. Juli, an 47 Rehunger Bürger 257 Morgen Land.
Weitere 131 Morgen verkaufte er im Jahre 1894.

1895
Der Bau der Rehunger Schule 1895 – 1896
aufgezeichnet von Herrn Lehrer Klöppel in der Schulchronik:
Rehungen hatte in Jahre 1895 658 Einwohner, von denen 125 Kinder
in einer Halbtagsschule von einem Lehrer unterrichtet wurden.
Der Bau einer neuen Schule war immer wieder verschoben worden, weil kein Geld vorhanden war.
Als schließlich die Schule ohne Lehrer blieb, weil der Zustand der Lehrerwohnung zu schlecht war, wurde die Angelegenheit von der Regierung in die Hand genommen.
Sie versprach Beihilfe bis zu 1800 Mark und forderte die Gemeinde auf zum Schulbau.
Am Mittwoch, dem 5.Juni 1895 wurde die alte Schule auf Abbruch verkauft (für 123 Mark).
Bis zum 1. Juli war sie völlig vom Erdboden verschwunden.
Sowohl Schulzimmer wie auch Lehrerwohnung befinden sich zu dieser Zeit in Stolzens Gastwirtschaft.
12. August 1895: Die Vorarbeiten für den Bau der neuen Schule beginnen.

Die Bauunternehmer sind:
Herr Maurermeister Schirmer und
Herr Zimmermeister Henne, beide aus Bleicherode.

Der Gemeinde fallen laut Kontrakt die Kosten der Hand- und Spanndienste 2750 Mark zu;
das Übrige an Kosten übernimmt die Königliche Regierung.
Das Ausschachten für den Grund des Schulgebäudes beginnt. Es werden verschiedene Köpfe und andere Knochenteile von Menschenleichen ausgegraben, da die alte Schule z. T. auf dem
alten Kirchhofe bei der Kirche aufgebaut war und auch die neue wieder dahin kommt.
Am 9. September wurde in feierlicher Weise der Grundstein zum Schulbau gelegt.
Ein Festtag für Rehungen war der 16.November 1895. An diesem Tag wurde das Richtfest der neuen Schule gefeiert.
Wie bei der Grundsteinlegung versammelten sich die Schüler am Bauplatz; es wurden einige Lieder gesungen und Herr Pastor Ehring hielt die Ansprache. Dann wurde von den Arbeitern
(gegen 30) dem Schulvorstand usw. bei Stolze in einem gemeinsamen Fest Bratwurst verzehrt.
Nach den Osterferien 1896 hat auch der Bau der neuen Schule wieder begonnen, und zwar der innere Ausbau, das Abputzen, die Herstellung der Aborte usw.
Während der Herbstferien wurde der Bau der neuen Schule vollendet.
Am 3. Oktober traf Kreisbauinspektor Unger aus Nordhausen hier ein, um die Schule abzunehmen.
Am 12. Oktober wurde der Unterricht noch ausgesetzt, da die Kinder zum Reinigen, Ordnen und Putzen des Schulhauses gebraucht wurden.
Am Dienstag, dem 13.Oktober 1896 wurde das Schulgebäude durch Herrn Pastor Ehring dem Gebrauch übergeben. Bei dieser Gelegenheit fand eine kleine Einweihungsfeier statt. Wir versammelten uns vor Stolzens Gasthaus, wo während des Baus unser Schulraum war
und sangen „Unseren Ausgang“. Unter Glockengeläut zogen wir in die neue Schule. Herr Pastor Ehring hielt die Ansprache und übergab dann das Haus seinen Bestimmungen. Schule und Gemeinde sang „Nun danket alle Gott“. Die Schüler wurden in das Schulhaus eingeführt und auf ihre Plätze verteilt.
Während der Herbstferien ist eine höchst bedeutsame Veränderung mit unserer Schule vorgenommen worden. Aus einer Halbtagsschule ist eine dreiklassige Schule mit 2 Lehrern geworden. Welch ein Fortschritt (Schulchronik).

1900
Eine Zählung ergibt eine Einwohnerzahl von 702 Personen.
Desweiteren gibt es 22 Pferde, 262 Schweine, 878 Federvieh, 1010 (?) Rindvieh u. 181 Ziegen.
Fast in jedem Haus steht ein Webstuhl, an der Herstellung des Gewebes muss die ganze Familie mitarbeiten. Seit der mechanische Webstuhl in den Webereien eingeführt wurde, verdienen die Handweber immer weniger. Durch die vom Rittergut gekauften kleinen Landflächen können die Familien ein Schwein füttern und eine Ziege halten. Nur so ist der Lebensunterhalt für die teilweise recht großen Familien gesichert.

1905
Mir der Teufung des Kalischachtes in Sollstedt besteht auch in Rehungen Aufbruchstimmung. Die Männer verlassen das Gestell (Webstuhl) und gehen in den Schacht.
Der Fußweg hin und zurück sowie eine Arbeitszeit von täglich 12 Stunden und schwere körperlich Arbeit werden für einen besseren Verdienst in Kauf genommen.
In Utterode ist eine Oberförsterei.

1906
Die Dietzelsgasse und der Nußberg erhalten eine feste Straßendecke.
Der elektrische Strom wird eingeführt, doch die Einwohner sind skeptisch, deshalb erhalten die ersten Abnehmer den Strom für ein Jahr kostenlos. Erst 1909 ist das gesamte Dorf elektrifiziert.

1907
Der Gesangverein „Sängerbund Rehungen“ feiert auf dem Festplatz der Gemeinde mit einem großen Fest am 7.u. 8. Juli sein 50. Jubiläum.

1909
Am 30. Januar begann es auf hartgefrorenem Boden fürchterlich zu schneien. Am 3. Februar setzte plötzliches Tauwetter ein und es fing stark an zu regnen. Ungeheure Wassermassen liefen von Rehungen in Richtung Wülfingerode. .Die Wipper führte soviel Wasser, dass sie die Brücken mit sich riss. Der Verkehr noch Sollstedt war gänzlich unterbrochen.

1909
am 3.Dezember wurde mit dem Teufen des Schachtes in Neu Sollstedt, in der Gemarkung Rehungen begonnen. Drei Jahre waren seit der Gründung der Gewerkschaft Neu Sollstedt vergangen. Bohrungen und Austausch der Grubenfelder hatten die Zeit in Anspruch genommen. Bis August 1911 dauerten die Abteufarbeiten.

1910
Um 1910 erbauten der Bäcker Wilhelm Wenzel und seine Ehefrau Luise geb. Mecke auf einem Teil des elterlichen Grundstücks eine Bäckerei. Sie wurde von der Familie betrieben und lieferte auch nach Friedrichsrode Brot. Das Gebäude wurde später übersetzt.
Im Jahre 1980 wurde das Geschäft geschlossen.

1911
Der Mühlhäuser Zigarrenfabrikant Eisenhardt kaufte am Ortsausgang nach Vollenborn ein Grundstück und ließ dort eine Zigarrenfabrik erbauen. Ein Jahr später begann mit vierzig Arbeiterinnen die Zigarrenherstellung in Akkordarbeit. Bis zum Jahre 1975 wurden hier Zigarren produziert.

1912
Am 9. Januar übergab die Deutsche Schachtbau-Aktiengesellschaft Nordhausen der Gewerkschaft Neu Sollstedt den Schacht im trockenen Zustand. Er war 642,70 Meter tief. Der Durchmesser der Schachtröhre betrug 5,50 Meter. Über Tage entstanden ein Fördergerüst mit Schachthalle, Gebäude mit Fördermaschine, Kaue und Gebäude für Werkstätten und Büro.
Desweiteren entstanden eine Brunnenanlage mit Wasserturn und eine Drahtseilbahn nach Sollstedt zur Fabrik. Viele Rehunger Männer fanden hier eine Arbeit (Quelle aller Angaben über den Schacht Neu Sollstedt: Geschichte des VEB Kaliwerk „Karl Marx“ Sollstedt Verlag Tribüne Berlin 1970).

1913
Im Rehungen wohnen 858 Einwohner. 182 Schüler besuchen die Schule.
Aufgrund der großen Schülerzahl macht sich ein Anbau zur Erweiterung der Klassenräume dringend notwendig. Eine Klasse wird bereits in Stolzens Gastwirtschaft unterrichtet.
Am 1.4.1914 ist der Schulabbau, der einen großen Klassenraum und eine weitere Lehrewohnung umfasst, im vollen Gange.

1914
Am 19.Juli fand in Rehungen ein großes Bergmannsfest, organisiert vom 1905 gegründeten Bergmannsverein, statt. Alle Bergmannsvereine der Umgebung nahmen daran teil.
Höhepunkt war ein großer Festumzug durch das Dorf mit anschließender feierlichen Weihe der Fahne des Rehunger Bergmannsveins „Glück auf“.
Die Fahne ist heute als Leihgabe im Sollstedter Traditionskabinett des NDH-E ausgestellt.

1914 – 1918
Mit Beginn des 1. Weltkrieges wurden auch zahlreiche junge Männer aus unserer Gemeinde an die Front einberufen. Schon am 21. September waren die ersten zwei jungen Männer aus unserem Ort gefallen. In der Rehunger Schulchronik berichtet der Lehrer begeistert vom heldenhaften Kampf unserer Krieger an den Fronten im Westen und Osten. Das Kriegerdenkmal auf unserem Friedhof erinnert an die 40 jungen Männer, die ihre Heimat nie wieder sahen.

1919
Nach den Schrecken des 1. Weltkrieges suchte im Herbst eine schwere Grippewelle unseren Ort heim. Fast 4 Wochen wütete die Krankheit. Es starben 17 Erwachsene und 12 Kinder, darunter 7 schulpflichtige. Kaum ein Tag verging ohne Beerdigung, an einem Tag eine Trauerfeier an 8 offenen Gräbern (Schulchronik).

1923
Die Weltwirtschaftskrise und die Inflation bestimmen auch das Leben in unserem Ort. Folgende Preise gelten z.Z.: 1 Zentner Weizen 3000,- RM
1 Pfund Schweinefleisch 650,- RM
Während der Lohn um das 12fache stieg, kletterten die Preise für Lebensmittel bis auf das Hundertfache. Not und Elend waren an der Tagesordnung.

1923
am 13.3. verstarb der Gutsbesitzer Theodor Zangemeister. Seine Töchter, Fräulein Berta und Marie Malmus geb. Zangemeister erbten das Gut mit den Ländereien und Waldungen.

1924
Am 15. Juni wurde die Förderung im Schacht Neu Sollstedt eingestellt und die Belegschaft entlassen. Von der Rationalisierung in den Kaliwerken war auch Sollstedt betroffen Zuerst wurde der Neu Sollstedter Schacht geschlossen, auch weil die Qualität des Kalivorkommens schlechter war. Die entlassenen Arbeiter wurden auf die Schächte Sollstedt und Kraja verteilt.

1925
Das Landhaus Hohenstein wurde um 1925 von einem ehemaligen Gutsbesitzer, dem zuvor das Gut in Vollenborn gehörte, erbaut. Es stand an der Rehunger Gemarkungsgrenze, am Weg zum Sportplatz, wo heute ein Parkplatz ist. Nach mehrerem Besitzerwechsel und Leerstand wurde es um 1980 baufällig und abgerissen.

1929
erfolgte eine umfassende Renovierung der Kirche. Kirchenmaler bemalten die bis dahin rohen Bretter im Deckenbereich. Daraus entstand ein Sternenhimmel. Auch die Bemalung im Altarraum erfolgte.

1932
verunglückten 3 Männer im Schacht tödlich, ein weiterer im Jahre 1939. Eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und höhere Sicherheitsbestimmungen waren ein besonderes Anliegen des Bergmannsvereins.

1932
In Utterode wurde die Oberförsterei aufgelöst. Das Gut kaufte ein privater Besitzer.
Große Teile der Ländereien wurden von Rehunger Landbesitzern ersteigert.

1934
Am 10.1.verstarb nach 36 Jahren als Pfarrer in unserer Gemeinde Pastor Beyer mit 71 Jahren. Er übte bis dahin seinen Dienst aus.

1936
Der Bauunternehmer Willi Koch kauft von den Zangemeisterschen Erben die ehemalige Ziegelhütte in der oberen Schützenstraße und baut diese zum Wohnhaus für 4 Familien um.
Weiterhin sind im Ort einige Wohnhäuser gebaut worden.
Arbeitslose wurden zum Bau von Straßen herangezogen.

1939
Mit Beginn des 2. Weltkrieges wurden viele junge Männer aus unserem Ort an die Front eingezogen. Schon bald musste der Bürgermeister den Eltern die Nachricht vom Tod ihrer Söhne bringen. 62 junge Männer kehrten nicht wieder heim.

1944
wurde auf dem Gelände der ehemaligen Schachtanlage Neu Sollstedt ein Außenlager des KZ Mittelbau Dora bei Nordhausen errichtet. Von SS Mannschaften wurden etwa 450 Häftlinge bewacht. Im Schacht mussten sie die Sohlen der Abbaue mit einer Betonschicht versehen, um hier ein Heeresbekleidungslager einzurichten.

1945
Vor dem Eintreffen der Amerikaner sollte der Schacht, indem viel Häftlinge arbeiteten, gesprengt werden Dieses konnte u. a. der Rehunger Paul Jödicke verhindern und rettete dadurch vielen Häftlingen das Leben.
Am 10. April zogen die Amerikaner vom Eichsfeld kommend in Rehungen ein. Zum Zeichen der Kapitulation hatte jemand eine weiße Fahne ausgehangen. Nun folgte über zwei Tage die Besetzung unseres Ortes. Zuerst Panzerspähwagen, dann Panzerkolonnen fuhren zwei Tage durch das Dorf, die Klausgasse hinauf in Richtung Friedrichsrode. Dieser Weg wurde gewählt, weil die Wipperbrücke bei Gebra gesprengt war.
Später kamen die russischen Besatzer. Viel Gutes erzählten uns die Eltern nicht über diese Zeit, nahmen sie sich doch als die Sieger viele Rechte heraus.